März bis Mai 2021
Alle Vorlesungen sind jeweils an einem Dienstag um 18.15 Uhr auf der Homepage der Aeneas-Silvius-Stiftung in Form einer Aufzeichnung oder als Zoom-Vortrag zu verfolgen.

Prof. Dr. Johannes Brachtendorf, Tübingen
Der Begriff der Unendlichkeit bildet eine Herausforderung für viele Wissenschaften. Die Metaphysik von den Vorsokratikern bis Hegel erkennt ihm eine Zentralstellung zu. In der Theologie gilt «Unendlichkeit» als Prädikat Gottes. Das unendlich Grosse und das unendlich Kleine sind Themen schon der antiken Physik. Die Kosmologie fragt seit jeher, ob der Kosmos unendlich alt ist oder nicht, ob er unendlich gross ist oder eine endliche Grösse hat. In der physikalischen Kosmologie der letzten Jahrzehnte ist die unendliche Zahl möglicher Welten ebenso zum Thema geworden wie die endlose Entstehung immer neuer Welten aus den Singularitäten der alten Welten. Die Mathematik des 20. Jahrhunderts hat mit den transfiniten Zahlen das aktual Unendliche für sich wiederentdeckt. Selbst die Populärkultur versetzt den Zuschauer in die «unendlichen Weiten» des Weltalls, um ihn an den Abenteuern des Raumschiffs Enterprise (Star Trek) teilhaben zu lassen.
Unendlichkeit ist aber auch ein umstrittenes Konzept. Wenn die Wirklichkeit grundlegend nach Mass, Zahl und Gewicht geordnet ist, dann ist Unendlichkeit gleichbedeutend mit Masslosigkeit. Wenn Begreifen heisst, die Form der Dinge zu erkennen, dann ist das Unendliche unbegreifbar und undenkbar. Wenn Struktur Endlichkeit impliziert, dann ist das Unendliche dem Chaos gleichzusetzen. Ist Unendlichkeit überhaupt ein gehaltvoller Gedanke, oder entspringt er einer Täuschung, durch die der Verstand meint, die Grenzen seiner Möglichkeiten überschreiten zu können? Muss der Grund aller Wirklichkeit als unendlich gedacht werden, oder ist der Begriff der Unendlichkeit eine blosse Chimäre?
Endlichkeit und Unendlichkeit in der Mathematik
Prof. Dr. phil. nat. Hans-Christoph Im Hof
Emeritus, Departement Mathematik und Informatik der Universität Basel
Anhand einer Reihe von Beispielen, ausgehend vom Prozess des Zählens, wird verdeutlicht, wie in der Mathematik zu verschiedenen Zeiten mit verschiedenen Aspekten des Unendlichen umgegangen wurde und noch wird.
Immer nur Herbst. Zur longue durée der Kunst
Prof. Dr. phil. hist. Andreas Beyer
Professor für Kunstgeschichte der Frühen Neuzeit, Kunsthistorisches Seminar der Universität Basel
Gegenstand des Vortrags ist das Thema des Nach- und Fortlebens der Kunst, auch das der Bild- und Motivwanderung, welche es erschweren, zeitlich scharfe Zäsuren zu setzen. Ausgehend von der Debatte um den Begriff der «Renaissance» verfolgt der Vortrag Kontinuitäten in der Bildenden Kunst, aber auch Brüche und Schwellen, und plädiert für eine elastischere Ordnung der kunsthistorischen Geschichte.
Wie Gott allmächtig wurde. Frühchristliche Gottesrede im Kontext des römischen Imperiums
Prof. Dr. theol. Moisés Mayordomo
Professor für Neues Testament, Theologische Fakultät der Universität Basel
«Alles Gewaltige heisst Gott.» (Menander) Die Verbindung von Macht und Göttlichkeit ist eine religionsgeschichtliche Selbstverständlichkeit, die sich auch im christlichen Glaubensbekenntnis abbildet: «Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen…» Diese unendliche Ausweitung göttlicher Macht ist in den frühesten christlichen Schriften keineswegs so breit belegt, wie es zu erwarten wäre. Der Vortrag geht der Frage nach, wo und warum die Rede von Gott als «Pantokrator» im frühen Christentum bedeutsam wurde.
Die Weite und Offenheit der Zukunft oder:
Weshalb wir uns so schwer tun mit der Zukunft. Das Beispiel Klimawandel
Prof. Dr. phil. hist. Paul Burger
Professor für Nachhaltigkeitsforschung, Universität Basel
Eigentlich ist die Sache klar: Ohne substantielle Reduktion der von Menschen ausgestossenen Treibhausgase riskieren wir, dass sich in 50, 60, 100 Jahren das ökologische Gleichgewicht des Planeten so verändern könnte, dass grundlegende, menschliches Leben erst ermöglichende ökologische Funktionen nicht mehr gewährleistet sind. Das ist ein erhebliches Risiko. Tritt das ein, wären die Folgen um ein Vielfaches grösser als bei einem Kernkraft-Supergau. Dennoch geschieht, von der Klimajugend immer wieder heftig kritisiert, eigentlich immer noch sehr wenig. Die Gründe für die Langsamkeit sind natürlich komplex und vielfältig. Eine dieser Gründe ist, dass das nicht so einfach ist mit der Zukunft. Ich möchte in meinem Vortrag auf einige der wichtigsten Merkmale von Zukunft wie Offenheit, Möglichkeitsräume und Unsicherheit eingehen und argumentieren, dass wir Menschen erst am Anfang damit stehen, die langfristigen Konsequenzen unseres Handelns in unseren Entscheidungen zu berücksichtigen.
Spannungsfeld Gebrechlichkeit, Alter und wissenschaftlicher Fortschritt in der Medizin
Dr. med. Martina Hafner
Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie
Ein Einblick in den praktischen Alltag

An diesen Zyklus schliesst an die 58. Aeneas-Silvius-Vorlesung an der Universität Basel am 2. November 2021.