Alle Vorlesungen finden jeweils dienstags um 18.15 Uhr statt.
Im Anschluss an die Vorlesung wird mit einem Apéro die Möglichkeit für persönliche Gespräche eröffnet.
Geschlecht und (Künstliche) Intelligenz
Prof. Dr. Bianca Prietl, Zentrum Gender Studies, Universität Basel
Einführung: Monika Hungerbühler, Stiftungsrätin der Aeneas-Silvius-Stiftung
KI scheint als Technik geschlechtsneutral. Doch die Geschichte der KI hat auch mit Geschlecht zu tun. Denn: Nicht nur wer KI entwickelt (hat), sondern auch welche Vorstellungen von Intelligenz diesen Entwicklungen zugrunde lagen und liegen, sind nicht unabhängig von Geschlecht. Der Vortrag begibt sich auf die Spur dieser Geschlechtergeschichte der KI.
Von Chatbot bis Couch: KI und die Zukunft psychischer Gesundheitsversorgung
Prof. Dr. Gunther Meinlschmidt, Departement Klinische Forschung /Psychosomatik, Universität Basel
Einführung: Dr. Hans-Florian Zeilhofer, Stiftungsrat der Aeneas-Silvius-Stiftung
Suizidprävention über Textanalysen, personalisierte Therapie dank Deep Learning, Entlastung im Klinikalltag : Künstliche Intelligenz ( KI ) bietet eindrückliche Möglichkeiten für die psychische Gesundheitsversorgung. Doch wo liegen Grenzen und Gefahren ? Der Vortrag beleuchtet, wie KI die klinische Praxis verändern kann – und welche Herausforderungen im Bereich Verantwortung und Ethik damit einhergehen.
(Ver-)Urteilen. (Ver-)Antworten. KI auf der Richterbank?
Prof. Dr. Andreas Müller, Jurisprudenz / Internationales Recht, Universität Basel
Einführung: Prof. Dr. Felix Hafner, Stiftungsrat der Aeneas-Silvius-Stiftung
Das «Urteilen» gilt als genuin menschliche Fähigkeit. In der Funktion der Richterin, des Richters manifestiert sich diese in paradigmatischer Weise. Gleichzeitig zeichnen sich schon vielfältige Einsatzmöglichkeiten von KI im Gerichtsbetrieb ab. Umso mehr stellt sich die Frage nach Residualkontrolle und Letztverantwortung des Menschen in der Rechtsprechung.
Wird KI den Menschen ersetzen oder ergänzen ?
Prof. Dr. Rui Mata, Psychologie ( Entscheidungspsychologie ), Universität Basel
Einführung: Prof. Dr. Axel Christoph Gampp, Stiftungsratspräsident der Aeneas-Silvius-Stiftung
Die rasante Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz wirft eine zentrale Frage auf: Werden KI-Technologien bald die menschliche Entscheidungsfindung ersetzen? In diesem Vortrag werde ich empirische Belege präsentieren, die sowohl die Chancen als auch die Risiken einer Integration von KI in Wissenschaft und Innovation aufzeigen. Dabei plädiere ich für das Konzept der Ko-Intelligenz, bei dem die einzigartigen Stärken von Mensch und KI kombiniert werden, um neue Formen von Produktivität und Kreativität zu ermöglichen.

Zur Einführung
Ein interdisziplinärer Versuch
Pate für den neuen zweijährigen Zyklus ist ein Dostojewski-Zitat. In «Schuld und Sühne» sagt Raskonikow (III,3): «Er ist ein kluger Mensch, aber um klug vorzugehen, dazu ist Verstand allein zu wenig». Gelegentlich wird der zweite Teil des Satzes auch übersetzt mit: «Es braucht mehr als Intelligenz, um intelligent zu handeln». Daraus haben wir den Titel des gesamten Zyklus abgeleitet: «Mehr als Intelligenz».
Ein weiterer Pate für den Titel war auch das Buch von James Bridle «Die unfassbare Vielfalt des Seins. Jenseits menschlicher Intelligenz» (München 2023), dessen Klappentext Folgendes zu entnehmen ist: «Durch eine Überbewertung unserer eigenen menschlichen Intelligenz haben wir uns von anderen Existenzweisen derart abgekoppelt, dass wir in die akute Misere der zunehmenden Zerstörung unseres Planeten geraten sind. Schuld daran sind unsere gängigen Vorstellungen von Intelligenz und Technologie: Die fortschrittlichsten Maschinen und ambitioniertesten Unternehmungen sind sowohl vom Egoismus unserer Spezies als auch von einer auf Profit und Extraktion ausgerichteten Denkweise tief geprägt. Um unsere Beziehung zum Rest des Planeten wieder sinnvoll zu gestalten, führt uns James Bridle auf eine grundlegend andere Ebene des Denkens und Erfahrens – eine Ebene, auf der wir überhaupt erst wieder in die Lage kommen, uns mit der überwältigenden Vielfalt von intelligenten Wesen um uns herum vertraut zu machen. Was können wir von ihnen lernen, und wie können wir unsere Gesellschaften verändern, um mit ihnen in eine florierende Gemeinschaft zu treten?»
Es geht nach unserer Vorstellung um das komplexe Verhältnis von menschlicher Intelligenz zu KI, aber auch zu anderen Formen von Intelligenz, wie sie neuerdings von den Biologinnen, von den Zoologinnen oder generell von den Anthropolog*innen nachgewiesen wird. Im Kern geht es auch darum, welche Bereiche eigentlich auch in Zukunft nicht mit KI abgedeckt werden können. Diesem Thema möchten wir die Veranstaltung widmen.
Für anwendungsorientierte Wissenschaften wie Medizin oder Jurisprudenz gilt: Auch bei medizinischen Behandlungen und rechtlichen Konfliktlösungen bedarf es mehr als Intelligenz. Im Falle der Geisteswissenschaften wäre nachzuzeichnen, wie Formen spezifischer Intelligenz (malerischer Intelligenz, poetischer Intelligenz etc.) sich von Formen von KI unterscheiden und niemals durch sie vollkommen ersetzt werden können.
